Obwohl ich bereits im Beitrag Säuresturz im Süßwasseraquarium: Schreckgespenst oder reale Gefahr? auf die Thematik eingegenangen bin, will ich mich hier noch einmal explizit mit dem Thema Säuresturz durch CO2-Düngung auseinandersetzen.
Aus dem Kalk-Kohlensäure-Gleichgewicht ergibt sich, dass Kohlensäure (und Hydrogencarbona-Anionen) nur bis zu einem pH-Wert von 4,3 im Wasser vorliegen. Darunter liegt praktisch nur noch Kohlendioxid im Wasser vor. Das gelöste Kohlendioxid allein trägt nicht zum pH-Wert bei. Mit Kohlensäure beziehungsweise Kohlenstoffdioxid allein ist es also selbst in ungepuffertem Wasser unmöglich, derart niedrigere pH-Werte < pH 4 zu erzielen, wie sie bei einem Säuresturz auftreten. Durch CO2-Düngung kann daher kein Säuresturz im Aquarium ausgelöst werden.
Der Säuresturz entsteht durch biogene Versauerung
Tatsächlich hat der Säuresturz im Aquarium nichts mit der CO2-Düngung zu tun. Ein Säuresturz wird ausgelöst, weil der Hydrogencarbonat-Puffer („Karbonathärte“) im Zuge der Nitrifikation aufgebraucht und nicht wieder – meist durch den Teilwasserwechsel – aufgefüllt wird.
Bei der Nitrifikation, der bakteriellen Oxidation von Ammoniak über Nitrit zu Nitrat, entsteht salpetrige Säure HNO2:
- NH3 + 1½ O2 ↔ HNO2 + H2O
Da die salpetrige Säure eine recht starke Säure ist (pKs 3,29), dissoziiert sie unter den Bedingungen im Aquariumwasser praktisch vollständig:
- HNO2 + H2O ↔ NO2– + H3O+
Die salpetrige Säure wird durch den Hydrogancarbonat-Puffer HCO3– (Karbonat„härte“, KH) im Wasser abgefangen, wobei sich diese dabei allmählich verbraucht. Im Zuge dessen wird Kohlendioxid frei:
- NO2– + H3O+ + HCO3– ↔ CO2 + H2O + NO2–
Infolgedessen sinkt die KH beziehungsweise genauer die Hydrogencarbonat-Konzentration. Das Nitrit wird im Zuge der Nitrifikation weiter zu Nitrat oxidiert. Dabei wird in der Bilanz ein °d KH verbraucht, wenn 22,7 mg/l Nitrat entstehen.
In einem Aquarium, in dem ein Säuresturz stattgefunden hat, sind immer die folgenden drei Phänomene festzustellen:
- hohe Nitratkonzentration im Vergleich zum Ausgangswasser (Δ c NO3– !)
- Karbonathärte gegen 0 beziehungsweise nicht nachweisbar
- pH-Wert ≤ 4
Aquarien mit weichem und damit meist auch gleizeitig nur schwach karbonat-gepuffertem Wasser (GH ≤ 5°d; KH ≥0 – ≤4 °d) sind damit prinzipiell anfälliger für einen Säuresturz, als Aquarien, die mit hartem und damit in der Regel auch gut karbonat-gepuffertem Wasser befüllt sind. Eine akute Gefahr stellt der Säuresturz aber auch in solchen Weichwasseraquarien nicht dar, wenn sie entsprechend gepflegt werden.