Die Karbonathärte lässt sich im Süßwasseraquarium nicht nur erhöhen, sondern auch senken, reduzieren oder vermindern. Dazu gibt es verschiedene Möglichkeiten. Neben den allgemeinen Verfahren zur Wasserentsalzung wie Torffilterung Umkehrosmose oder Ionentausch und dem Verschneiden mit entsalztem („destilliertem“) Wasser eignen sich dazu das Entcarbonisieren mit Mineralsäuren.
Entcarbonisieren mit Mineralsäuren
Salzsäure eignet sich durch das relativ unbedenliche Chlorid-Ion als anorganischen Säurerest am besten. Zudem ist sie als einprotonige Säure auch eins zu eins anwendbar. Es wird ein Mol HCl benötigt, um ein Mol Hydrogencarbonat umzusetzen. Phosphorsäure und Salpetersäure sind bedingt durch die Düngewirkung ihrer Anionen Phosphat beziehungsweise Nitrat ungeeignet für die Senkung der Karbonathärte im Aquarium.
Auch die im Handel erhältlichen Präparate zur pH-Wert und KH Senkung (pH/KH-Minus, Eichenextrakt) basieren auf Mineralsäuren. Schwefelsäure und Salzsäure sind ob ihrer im Aquarium unbeedenklichen Säurereste Chlorid beziehungsweise Sulphat bevorzugt einzusetzen. Produkte auf Basis von Phosphorsäure sind zu vermeiden, da diese zu einem Anstieg des Phosphatwertes führen und unerwünschter Algenwuchs eine mögliche Folge ist. Die Veränderung des Wassers muss bei umfangreicher Entcarbonisierung über mehrere ° dKH außerhalb des Aquariums stattfinden. Zum einen entsteht bei der Reaktion der Säure mit der Karbonathärte im Wasser CO2, pro Grad dKH etwa 16 mg/l CO2, zum anderen sind die einhergehenden plötzlichen Schwankungen in der Wasserchemie nicht förderlich für die Gesundheit der Bewohner.
Man gibt solange Säure zu und rührt um, bis die Karbonathärte auf das gewünschte Maß reduziert ist. Danach das behandelte Wasser abstehen lassen oder mittels Membranpumpe und Sprudelstein belüften, damit überschüssiges CO2 ausgetrieben wird.
Phosphorsäure
Phosphorsäure senkt sowohl Karbonathärte als auch Gesamthärte. Sie ist in einigen Produkten enthalten, die zur pH-Wert beziehungsweise Karbonathärtesenkung angeboten werden.
Die Protonen reagieren wie bei anderen Säuren mit dem Carbonat und Hydrogencarbonat der Karbonathärte. Der Phosphat-Rest fällt teilweise mit Calcium (beziehungsweise Magnesium) als kaum Wasserlösliches Calciumphosphat (Magnesiumphosphat)aus. 0,15 Gramm Phosphorsäure (H3PO4) pro Liter senken die Gesamthärte um etwa 1°d, die Leitfähigkeit erhöht sich dabei aber um 300µS/cm. Zudem wird auch die Phosphatkonzentration im Wasser angehoben, was intensives Algenwachstum nach sich ziehen kann. Für die aquaristische Praxis ist dieses Verfahren also ungeeignet.
organische Säuren
Einfache organische Säuren wie Essigsäure oder Zitronensäure, sind zum Entcarbonisieren ungeeignet. Sie sind immer noch recht energiereiche Verbindungen, welche von Bakterien leicht verstoffwechselt und somit abgebaut werden. Es kann daher zur Bakterien/Infusorienblüte im Aquarium kommen, welche sich durch eine milchig-weiße Trübung des Wassers bemerkbar macht. Damit geht zudem oft Sauerstoffmangel und eventuelle Störungen der Stickstoff-Oxidation (Ammoniak zu Nitrit, Nitrit zu Nitrat) und dadurch bedingter Anstieg der Ammoniak und/oder Nitritkonzentration im Aquarium.
Eichenlaub, Erlenzapfen und Co.
Makromolekulare organische Säuren wie Fulvosäuren, sind zwar einerseits schwer abbaubar, andererseits nur gerade stark genug, um die Kohlensäure aus ihren Salzen zu verdrängen. Für die praktisch sinnvolle Anwendung ist die Differenz (Fulvosäuren pks 4-5, Kohlensäure pks 6,4) daher zu gering. Huminstoffe wie Huminsäuren, Fulvosäuren oder aber Tannine (Gerbsäuren) enhaltende Pflanzenteile (Erlenzapfen, Rinde und Trockenlaub von Buchengewächsen, besonders Eichen) oder Lösungen aus diesen (Erlenzapfenextrakt, Eichenrindenextrakt) können aber zum Ansäuern schwach karbonatgepufferter Wässer (Wässer mit niedriger Karbonathärte) genutzt werden.
Die Karbonathärte im Süßwasseraquarium verstehen
In der Aquaristik wird der Karbonathärte oft eine höhere Bedeutung zugeschrieben zu als der Gesamthärte. Das basiert auf ihrer Bedeutung als Puffersystem im Aquarium und dem daraus resultierenden Einfluss auf den pH-Wert.
Die Karbonathärte ist die Hydrogencarbonat-Konzentration
Mit dem Begriff Karbonathärte (KH) beschreibt man in der Aquaristik die Konzentration von Hydrogencarbonat-Ionen (H2CO3–) im Wasser. Besser ist der Begriff des Säurebindevermögen bis pH 4,3 (SBV), da auch andere Ionen wie Carbonat (CO32-) und Hydrogenphosphat (HPO42-) oder Ammoniak (NH3) mit dem KH-Test erfasst werden, weil sie ebenfalls die mit der Testreagenz zugetropfte Säure binden. Diese Wasserinhaltsstoffe spielen für die Praixs aber eher eine untergeordnete Rolle und sollen nur der Vollständigkeit halber erwähnt werden.
Die Karbonathärte bestimmt den pH-Wert im Aquarium
Wie der Begriff Säurebindevermögen vermuten lässt, hat die Karbonathärte einen Einfluss auf den pH-Wert. Es handelt sich dabei um ein so genanntes Puffersystem. Der Hydrogencarbonat-Kohlensäure-Puffer bestimmt in Regelfall den im pH-Wert im Aquarium.
Will man den pH-Wert im Aquarium senken, muss die Karbonathärte also reduziert werden. Halbieren wir bei gleichbleibernder CO2-Konzentration die Karbonathärte, sinkt der pH-Wert um 0,3. Verdoppeln wir sie, so steigt der pH-Wert wiederum um 0,3. Fär pH-Werte unterhalb von 6 im Aquariumwasser muss man den Hydrogencarbonat-Kohlensäurepuffer und damit die Karbonathärte vollständig entfernen. Der Hydrogencarbonat-Kohlensäurepuffer muss dann gegen ein anderes Puffersystem ersetzt werden,
welches im sauren Bereich um pH 5 puffert. Das gelingt beispielsweise durch Zugabe von Huminstoffen mittels Torf, Laub, Moorkienholz oder Erlen;pfchen als Huminsäure-Humatpuffer.
Der Begriff Karbonathärte ist veraltet
Wie bereits im Artikel Die Wasserhärte im Süßwasseraquarium: verstehen, messen, verändern angemerkt, ist der Begriff der Karbonathärte veraltet.
Moderne Wasseranalysen geben das SBV in mmol/l (Millimol pro Liter) an. Zur Umrechnung in °dKH muss dieser Wert mit 2,8 multipliziert werden. 1 mmol/l SBV entspricht also 2,8° dKH oder 1° dKH entspricht 0,36 mmol/l SBV bis pH 4,3.
Die Karbonathärte wird nicht nur in °d angegeben
Neben der deutschen Härteskala in Grad deutscher Karbonathärte ( ° d KH) werden auch andere Skalen verwendet. In der Schweiz ist beispielsweise auch die französische Härteskala gebräuchlich. Die verschiedenen Einheiten werden mit den in der folgenden Tabelle aufgelisteten Faktoren ineinander umgerechnet:
|
Säurebindungskapazität mmol/l |
Deutsche Grad °d |
Französische Grad (TAC) |
Hydrogencarbonat (mg/l) HCO3 |
Säurebindungskapazität mmol/l |
1 |
2,78 |
4,94 |
61,00 |
Deutsche Grad 1 °d |
0,36 |
1 |
1,78 |
21,8 |
Französische Grad 1 ° (TAC) |
0,20 |
0,56 |
1 |
12,30 |
Hydrogencarbonat (mg/l) HCO3 |
0,016 |
0,046 |
0,08 |
1 |
- Wiberg, E., Holleman, A. F. & Wiberg, N. (2007): Lehrbuch der anorganischen Chemie. 101. Auflage, de Gruyter, Berlin. ISBN 3-11-012641-9
- S. 859 – 863
- Krause, H.-J. (1990): Handbuch Aquarienwasser. 2. Auflage, bede-Verlag. ISBN 3927997005
- S. 29-33
- Kassebeer, G. (1986): Ein Analytikkurs fär Aquarianer von Dr. Gerd Kassebeer. III. Die Karbonathärte des Aquariumwassers. In: Aquarium Heute (AH) IV. (3). 33-35